
Einbruch im Popup Office
Seit etwas mehr als einer Woche arbeiten wir im Rahmen von #21CAPETOWN nun im Popup Office in Kapstadt. Gerade hatten wir uns bei unserer ersten Workation eingegroovt, die Internetleitung sollte ab Dienstag besser werden, der Alltag kehrte langsam ein. Doch dann passierte er – der erste große Knall. Ob wir uns gezofft haben? Nein. Ob einer abgereist ist? Nein. Wir wurden ausgeraubt. Hier ist sie nun also: Unsere erste größere Herausforderung – und wie wir sie gemeistert haben.
Es geschah über Nacht – als alle ruhig schliefen
Vorab: niemandem ist etwas zugestoßen, keiner wurde bedroht oder verletzt. Im Gegenteil – und es bleibt jedem selbst überlassen, zu beurteilen, ob das ein Vor- oder Nachteil war: keiner hat etwas bemerkt. Alle 8 Kollegen haben tief und fest geschlafen, als uns sprichwörtlich die Bude leergeräumt wurde. Und um ehrlich zu sein: Der Moment, in dem wir realisierten, was passiert ist, war Schock genug.
Das Schlimmste ist: Man kann absolut nichts dagegen tun
Es ist 7 Uhr, als ich mich gerade noch einmal umdrehe und Snooze drücke. Da kommt Lea rein – meine Kollegin, mit der ich mir das Zimmer teile, ernster Blick. Sie sagt nichts weiter außer: “Es ist alles weg. Alle Rechner sind weg.” “Nicht dein Ernst.“ Schlagartig bin ich wach. Springe auf, schnappe mir irgendwelche Klamotten und renne runter ins Wohnzimmer. Ich hoffe noch, dass das ein böser Scherz war. Und dann sehe ich das fiese Loch auf unserem gerade eingerichteten Schreibtisch klaffen: Unsere Kamera. Mein erst ein paar Monate altes MacBook. Meine geliebten Kopfhörer. Und: das gesamte Foto- und Videomaterial für unsere Social Media- und Blogbeiträge der nächsten Tage. Alles weg. Gemeinsam mit vier weiteren Rechnern – und persönlichen Gegenständen: Kreditkarten, Bargeld, Führerschein, Ausweise, Sonnenbrillen.
Dieser Artikel entsteht auf meinem Smartphone. Denn das lag in dieser Nacht zum Glück auf meinem Nachttisch.
Einbruch trotz Sicherheitsvorkehrungen
“Habt ihr nicht abgesperrt?” “Wie sind die reingekommen?” “Waren eure Sachen nicht im Safe?” Viele Fragen sind uns seit dem Vorfall vor 2 Tagen immer wieder gestellt worden. Zurecht. Doch natürlich war alles abgesperrt. Jeden Abend vor dem Schlafengehen haben immer mindestens zwei Kollegen – insbesondere in dem Wissen, dass so etwas hier durchaus passieren kann – eine Runde durch das Haus gedreht und alle Türen und Fenster überprüft. Alles safe. Nur eben leider nicht im Safe, denn ja: wir wähnten unser Equipment in Sicherheit, wenn wir zu Hause waren. Zugegeben: Das war dann wohl doch zu kurz gedacht.
Polizei und Hausverwaltung: Überfragt
Die Polizei, die übrigens mit ca. 3 Stunden Verspätung (hier bekannt als “just now”) eintraf und den Fall handschriftlich und in nicht unbedingt größter Eile aufnahm, konnte sich nicht erklären, wie es möglich war, ins Haus zu gelangen. Die Hausverwaltung zeigte sich mehr als betroffen und schickte ebenfalls jemanden vorbei. Doch auch das änderte nichts daran, dass wir nun bis auf Weiteres arbeitsunfähig und natürlich auch zutiefst erschüttert waren, dass wir, während wir schliefen, ausgeraubt wurden.
Womit (wirklich) alles steht und fällt: Dein Rechner
Die ersten Tage hier in Kapstadt haben uns gezeigt: nichts ist wichtiger für einen funktionierenden Remote-Agenturbetrieb als das Internet. Doch bereits eine Woche später sollten wir eines (noch) Besseren belehrt werden: Noch viel wichtiger ist dein Rechner. Ja, schon logisch. Aber man möchte doch auch nicht direkt mit dem Worst Case rechnen.
Die Basis des Popup Office – und jeder anderen Form von New Work oder des digitalen Nomadentums – ist natürlich, dass man arbeitsfähig ist – ganz gleich an welchem Ort. Und arbeitsfähig heißt in dem Fall direkt übersetzt: ein Arbeitsgerät zu besitzen. Ein Smartphone reicht für die meisten einfach (noch?) nicht. Fakt ist jedoch: wir hatten plötzlich fünf Computer weniger. Darunter ein PC und vier MacBooks. Und auch die Kamera, die für die Dokumentation unserer Workation essenziell ist und auch – viel schlimmer – das gesamte (auch gesicherte) Material – der ersten Woche: weg. Nichts in der Cloud? Nein – denn wie die Ironie des Schicksals es so wollte, reichte das Internet noch nicht aus für diese Datenmengen. Der Upload des Materials sollte heute geschehen, wenn die bessere Internetverbindung da ist. Und jetzt?
Das Motto: Aufstehen, Krönchen richten
Mal abgesehen vom materiellen Verlust mussten wir uns nun ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, wie sicher wir uns im angemieteten Haus noch fühlen. Denn das höchste Gebot ist – und das ist auch Ansage von „zu Hause“: die Sicherheit geht immer vor. Nachdem wir den ersten Schock also verdaut und die ersten dringenden Anrufe erledigt hatten, drehten wir uns nun um die Frage: Abbrechen oder nicht unterkriegen lassen? Bei einem gemeinsamen Mittagessen fiel dann einstimmig die Entscheidung: wir machen weiter. Denn das ist doch letztlich das, worum es bei unserem Experiment geht: Flexibel bleiben, umdenken und vor allem: Improvisieren. Wieder einmal.
Back to work – nur eine Frage der Zeit
Zwei Faktoren beschäftigten uns also für den Rest des Tages: Ziehen wir um? In ein Haus mit höheren Sicherheitsstandards? Und wo bekommen wir so schnell es geht neue Rechner und eine Kamera her? Klar, leihen, klar, kaufen. Wir sind ja in einer Großstadt. Doch ist das a) trotz der hiesigen Werber-Szene nicht ganz so einfach wie gedacht und b) im laufenden Agenturbetrieb mit Präsentationen, Calls und Deadlines eine echte Herausforderung.
In einer Sache jedoch hatten wir großes Glück: die Vermietungsfirma, über die wir den „Tatort“ angemietet hatten, machte uns als Entschuldigung für den entstandenen Schaden ein (sehr) großes Zugeständnis, denn im Laufe des Tages stellte sich heraus: es gab durchaus eine Sicherheitslücke – ein Fenster, das sich nicht ganz schließen lies, über das jedoch niemand Bescheid wusste – außer offenbar unsere Diebe.
Ein kostenloses Upgrade – auch für die Stimmung
Wie das Zugeständnis aussah? Es handelt sich in erster Linie um ein sichereres Haus. Das hatte – auch wenn man es beim Anblick unserer neuen Location kaum glauben mag – die höchste Priorität. Die Einführung ins Alarmsystem dauerte über eine Stunde. Das Ganze hatte aber einen weiteren, sehr angenehmen Nebeneffekt: Aufgrund des kurzfristigen Umzugs sowie unserer Teamgröße kam nur noch ein „Premiumobjekt“ im Portfolio der Vermietungsfirma in Frage – als Entschädigung für den entstandenen Schaden – in Form eines kostenloses Upgrades. Die Bilder sprechen für sich. Wir haben echt (schon wieder) Schwein gehabt.
Wir lernen weiter – jeden Tag
Es war eine turbulente erste Woche. Ja. Und es ist auf gut deutsch beschissen, was passiert ist – und: wir haben weiterhin Schwierigkeiten, neue Rechner an den Start zu bekommen. Doch neben dem großen Glück, dass niemand bedroht oder verletzt wurde, hat sich bei dieser Aktion vor allem eines gezeigt: Das Experiment, in 11.000 km Entfernung den ganz normalen Alltag aufrechtzuerhalten und zusätzlich das Schöne mitzunehmen – und dabei aber mit ganz neuen Problemen konfrontiert werden: das funktioniert nur, wenn alle am gleichen Strang ziehen. Bedingungsloser Teamzusammenhalt, Flexibilität, Improvisation, gemeinsam getroffene Entscheidungen und nicht zuletzt eine gesunde Portion Humor und Optimismus – das ist es, was uns auch nach diesem Vorfall definitiv weitermachen lässt.
Im Moment der Fertigstellung dieses Artikels erreichte uns übrigens die Nachricht: soeben wurde die „große“ Internetleitung für uns aktiviert. Na dann – auf in Woche 2!